Die Sonne im Mai 2017 und dunkle Wolken über hoher CO2- Empfindlichkeit unseres Klimas

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Der Stern unseres Planetensystems verhielt sich auch im vergangenen Mai sehr ruhig. Die festgestellte SunSpotNumber (SSN) betrug 18,8; dies sind nur 36% des zu diesem Zyklusmonat üblichen. An 7 Tagen d.M. war die sichtbare Sonnenoberfläche gänzlich ohne Fleck, besonders die südliche Hemisphäre der Sonne war sehr inaktiv denn sie trug nur zu 22% zur ohnehin schwachen Gesamtaktivität bei.

Abb.1: Die Aktivität des aktuellen Zyklus (SC24, rot)im Vergleich zu einem mittleren Zyklus (blau) und dem seit genau 2 Jahren durchgängig noch etwas stärkeren SC5 ( schwarz).

 

Die Aktivität im Vergleich der einzelnen Zyklen:

Abb.2: Die Sonnenfleck-Aktivität der einzelnen Zyklen seit dem Beobachtungsbeginn im Jahre 1755.Seitdem waren nur die Zyklen 5 und 6 schwächer. Die Zahlen entstehen durch das Aufsummieren der monatlichen Differenzen zu dem mittleren Zyklus, blau in Abb.1.

 

In den letzten 2 Jahren schrumpfte der Abstand des laufenden Zyklus gegenüber dem SC5 um ca. 300 Punkte, es verbleiben noch ca. 1100, es ist also recht unwahrscheinlich dass unser SC24 insgesamt noch die schwache Aktivität von SC5 unterbieten wird.

Wir hatten hier seit einiger Zeit einige vorausschauende Betrachtungen für den kommenden Zyklus 25 ab ca. 2020 angestellt. Dazu verwendeten wir stets die offizielle Datenwebsite mit den Beobachtungsergebnissen des Wilcox Sonnenteleskops für die Stärke der polaren Sonnenfelder. Vor einigen Tagen erschien dort ganz unten ein Hinweis, dass die Daten ab Dezember 2016 von einem Problem betroffen sind, genau war es eine sehr irdisch verschmutzte Linse. Dieser Tatbestand soll die seitdem veröffentlichten Zahlen um ca. 50% nach unten verfälscht haben. Die Daten sind noch nicht korrigiert, es könnte damit sein dass auch unsere Prognosen ( z.B. hier ) von dieser Abweichung betroffen waren. Sobald es wieder verlässliche Daten gibt  bringen wir Sie selbstverständlich auf den neuesten Stand.

 

Wolken und die Klimasensitivität

Die Frage nach der Empfindlichkeit unseres Klimas gegenüber einer angenommenen Verdopplung des CO2- Gehaltes unserer Atmosphäre ist eine der entscheidenden Gretchenfragen der Klimaforschung.   Man unterscheidet grob vereinfacht zwei Größen: die TCR  sowie die ECS (Transient Climate Response bzw. Equilibrium Climate Sensitivity). Während die TCR die eher mittelfristige Beeinflussung durch den CO2- Antrieb beschreibt und die meiste Verantwortung für das Erreichen oder Reißen eines 2°C- Zieles trägt beschreibt die ECS die Lage der Temperaturen nach einer Verdopplung des CO2 nach Erreichen eines (dann höheren) Temperaturgleichgewichtes auch unter Mitwirkung der Ozeane. Ein solches neues Gleichgewicht ist daher erst nach mehreren Jahrhunderten erreicht. Das beinhaltet auch: nach einem (un)möglichen Stopp  aller Emissionen erwärmt es sich trotzdem weiter. Der IPCC gibt den Bereich für die ECS mit 1,5…4,5 °C an, übrigens mit keinem Fortschritt in der Eingrenzung dieses sehr weiten Bereiches seit Jahrzehnten. Die Zahlen stammen von Klimamodellen, die alle die beobachtete Realität in den verschiedensten Aspekten nur sehr weit streuend und im Mittel kaum brauchbar abbilden. Wir berichteten darüber. Es erscheinen daher immer wieder wissenschaftliche Studien, die die Modelleistung hinsichtlich bestimmter Kriterien kritisch betrachten.

Eine sehr aktuelle Arbeit beschäftigt sich mit der Auswertung von sehr hoch aufgelösten Wolken-und Niederschlagsbeobachtungen aus Satellitendaten. Sie konzentriert sich auf den Pazifischen Warmpool . Wir hatten über die große Bedeutung dieses tropischen Gebietes berichtet.   Dort sind die höchsten Meeres-Oberflächentemperaturen (SST) unserer Erde anzutreffen. Und genau da vermuten Forscher schon länger das Wirken einer „Regelung“  , eines starken „negativen Wolkenfeedbacks“ gegenüber einer weiteren Erwärmung.  Wir hatten  eine etwas ältere Studie schon vorgestellt. Das „Irisprinzip“ soll auf diesem Wege wirken: Eine Erwärmung der SST führt zu mehr Niederschlag, auch zu mehr Gewittern. Dieses Mehr an konvektivem Regen bewirkt eine Austrocknung der oberen Schichten der Troposphäre, es können sich dort weniger Zirrus-Wolken bilden. Diese haben die Eigenschaft, die einfallende Sonnenstrahlung kaum zu dämpfen, die von der Erde ausgehende Wärmestrahlung jedoch recht effektiv aufzuhalten. Je mehr Zirrus-Wolken, desto mehr Wärme in der Troposphäre und am Boden. Wenn diese Wolken also reduziert werden dann kühlt das unser Klima. Es gab viele Diskussionen um diese Vermutung, die Arbeit von Choi und seinen Kollegen vom Mai 2017 bestätigt nun den „Iriseffekt“ mithilfe  neuester Beobachtungstechniken. Es gibt dabei zwei Schlüsselabbildungen in der Arbeit:

Abb. 3: Der Zusammenhang zwischen dem Anteil an Zirruswolken ( Abszisse) und dem Anteil konvektiven Regens ( Ordinate). Quelle: Abb. 3c aus Choi et.al (2017)

 

Der negative Zusammenhang ist eindeutig und signifikant. Im Anschluss vergleichen die Autoren die objektiv beobachtete Realität mit der „Modellwelt“ der neuesten Generation und kommen zu einem erstaunlichen Ergebnis:

Abb.4: Der Zusammenhang des beobachten Verhältnisses Zirrusanteil/konvektiven Regen und der ECS von Klimamodellen. Quelle: Abb. 6a aus Choi et.al (2017)

 

Sie können nun selbst den oben beobachteten Wert (ca. -105) in die Abszisse des  Diagramms aus Abb.4  einsetzen. Verlängern Sie die rote Gerade nach links und Sie werden  eine ECS von  unter  2°C ablesen. Das Mittel laut Modellen liegt jedoch bei 3,2°C, dies berücksichtigt den Iris-Effekt nur zu etwa 15% dessen was in der realen Welt beobachtet wird.

Und die Indizien für eine geringere ECS als der vom Modellmittel angenommene Wert häufen sich, da  der bisher wenig bekannte Wolkeneinfluss näher untersucht wird. In den mittleren Breiten, so der Ansatz, ändern sich Zirkulationsmuster (die Hadley-Zellen)  mit zunehmender Erwärmung. Eine sehr aktuelle Studie vom Juni 2017 untersucht die Quantitäten und vergleicht sie mit den Annahmen von Klimamodellen:

Abb.5: Die einzelnen Modellergebnisse (Buchstaben) und die beobachtete Lage des Randes der Hadley-Zellen (graue Linie mit dem 95%-Konfidenzbereich)  in mittleren Breiten über der angenommenen ECS. Quelle: Abb. 4b aus Lipat et.al (2017)

 

Aus der Abbildung geht hervor, dass die Modelle den Beobachtungsbereich einigermaßen treffen, die eine  ECS<ca. 2,8 aufweisen. Auch hier nochmals zur Erinnerung: die angenommene ECS als Mittel der Modelle beträgt 3,2. Aus diesem Mittel würden viele Modelle mit einer ECS von >3°C herausfallen und alle verbleibenden liegen  (mit einer Ausnahme) bei einer ECS von z.T. deutlich  unter 3°C .

Die neueren Ergebnisse der Erforschung des Einflusses von Wolken weisen in eine ähnliche Richtung. Ältere Arbeiten zeigten eine kräftige Erhöhung der Sensitivität durch Wolken( positives Feedback). Noch ist dies eine Grundlage der allgemein verbreiteten mittleren ECS -Schätzung von 3,2 °C. Da dies eine fundamentale Ausgangsgröße für alle Klimaschutzziele und -vereinbarungen darstellt, ist die Klimawissenschaft aufgerufen, diese neuen Erkenntnisse zu überprüfen und zu berücksichtigen. Es hätte eine sehr positive Folge, die vielleicht nicht jedem passt: Selbst nach Jahrhunderten würden die Temperaturerhöhungen das 2Grad -Ziel nicht überschreiten bei einer Verdopplung des CO2- Gehaltes. Es ist  viel im Fluss in diesem Bereich der Forschung, darüber wollen wir Sie gerne weiter informieren. Schauen Sie immer mal wieder vorbei!

 

Teilen: